Selbstverletzendes Verhalten
Informationen für queere Jugendliche

Andrenalin und Endorphine

Selbstverletzung führt zu einer Reihe biochemischer und neurobiologischer Reaktionen im Körper. Eine Selbstverletzung (oder auch schon das Vorbereiten) löst in deinem Körper zunächst eine Stressreaktion aus: er schüttet Adrenalin aus. Das Hormon sorgt dafür, dass dein Herz schneller schlägt, du hellwach, konzentriert und „kampfbereit“ bist. Dieser Adrenalinstoß kann sich wie ein Energie- oder Spannungs-Kick anfühlen.
Wenn du dich selbst verletzt, „spürt“ dein Gehirn den körperlichen Schmerz und das lenkt es für einen Moment von den starken Gefühlen ab, die dich überfordern. Dein Körper reagiert auf den Schmerz, indem er nun zusätzlich Endorphine ausschüttet. Endorphine sind Stoffe, die wie natürliche Schmerzmittel und Stimmungsaufheller wirken. Daher werden sie auch Glückshormone genannt. Diese Endorphine sorgen dafür, dass du dich beruhigter und für einen kurzen Moment sogar besser fühlst, weil sie den Schmerz lindern und eine Art „Belohnungsgefühl“ auslösen.

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Der Wunsch nach Kontrolle 

Der körperliche Schmerz gibt dir das Gefühl, etwas Konkretes in der Hand zu haben, was du kontrollieren kannst – im Gegensatz zu den emotionalen Schmerzen, die oft überwältigend, unkontrollierbar und diffus erscheinen. Das gibt dir kurzfristig das Gefühl, die Situation besser im Griff zu haben.

Kurzfristige Erleichterung

Durch die Kombination von Adrenalin und Endorphinen fühlst du dich nach der Selbstverletzung für einen Moment erleichtert, vielleicht sogar euphorisiert (positiv aufgeregt, berauscht). Dein Gehirn lernt dadurch, dass Selbstverletzung scheinbar hilft, emotionale Spannung abzubauen. Das kann dazu führen, dass du in belastenden Situationen immer wieder den Drang verspürst, dich selber zu verletzen. Diese kurzfristige Erleichterung ist aber keine langfristige Lösung.

Warum ist es so schwer, damit aufzuhören?

Der Grund, warum es so schwierig ist, mit damit aufzuhören sich selbst zu verletzen, liegt zum einen in der Art und Weise, wie dein Gehirn auf Selbstverletzung reagiert. Jedes Mal, wenn du dich verletzt und dein Körper Endorphine freisetzt, lernt dein Gehirn, dass Selbstverletzung eine schnelle Lösung bei intensiven emotionalen Schmerz ist. Dein Gehirn wird sozusagen geschult, dass Verletzungen „belohnt“ werden.

Daran kann sich dein Gehirn schnell gewöhnen. Selbstverletzendes Verhalten kann dadurch zu einer „Sucht“ werden: Dein Gehirn verbindet den physischen Schmerz mit der emotionalen Erleichterung und fordert jedes Mal, wenn du Wut, Traurigkeit oder Angst verspürst, nach dieser bekannten schnellen Erleichterung.

Verstärkende Schleife

Wenn du dich verletzt, spürst du kurzfristig Erleichterung, aber der emotionale Schmerz kehrt danach oft zurück – häufig begleitet von Scham oder Schuldgefühlen. Sichtbare Narben können das Gefühl verstärken, „anders“ zu sein oder den eigenen Körper noch weniger zu mögen. Dies verstärkt wieder den emotionalen Druck, der wieder zur Selbstverletzung führen kann. Ein Teufelskreis entsteht.

 

 

Disclaimer

Die Inhalte dieser Seite dienen ausschließlich Informations- und Aufklärungszwecken. Sie sind keine medizinische, psychologische oder therapeutische Beratung und ersetzen nicht die Diagnose oder Behandlung durch ausgebildete Fachpersonen. Unser Ziel ist es, aufzuklären und Hilfsangebote sichtbar zu machen, um Wege aus der Selbstverletzung zu finden. Wenn du Fragen oder Sorgen bezüglich deiner physischen oder psychischen Gesundheit hast, wende dich bitte an eine Ärztin / einen Arzt, Therapeut*in oder eine andere qualifizierte Fachperson. Nur diese können eine fundierte Diagnose stellen und dir geeignete Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen. In akuten Notfällen oder Krisensituationen rufe bitte sofort den Notruf 112 an oder kontaktiere eine Krisenhotline.