Selbstverletzendes Verhalten
Informationen für Bezugspersonen

Psychische Erkrankungen bei queeren Jugendlichen

Studien zeigen, dass queere Jugendliche deutlich häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen sind als ihre heterosexuellen oder cisgeschlechtlichen Altersgenossen. Diese höhere Belastung hängt oft mit gesellschaftlicher Diskriminierung, Ausgrenzung und einem mangelnden Verständnis für ihre Lebensrealitäten zusammen. Es gibt mehrere Studien, die das Ausmaß dieser Problematik in Deutschland und Europa aufzeigen.

Laut dem Bericht des Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz aus dem Jahr 2022 zur Gesundheit von LGBTIQ+-Jugendlichen, zeigen queere Jugendliche signifikant höhere Raten von psychischen Belastungen bis hin zu Erkrankungen. 50 Prozent der befragten Personen gaben an, in den letzten 12 Monaten eine Depression gehabt zu haben, mit ärztlicher Diagnose waren es 29 Prozent. 39 Prozent aller Befragten gaben an, eine Angststörung zu haben. Über 50 Prozent der befragten Personen  gaben an, sich bereits absichtlich selbst verletzt zu haben, ohne dabei sterben zu wollen. 

Eine europaweite Studie des European Union Agency for Fundamental Rights aus dem Jahr 2024 zeigte, dass fast 50% der befragten LGBTIQ+-Jugendlichen in den letzten 12 Monaten Diskriminierung erlebt haben. Diese Erfahrungen hängen oft mit psychischen Problemen zusammen.

Verschiedene Studien zeigen, dass bis zu 50% der queeren Jugendlichen bereits Handlungen, die unter selbstverletzendem Verhalten fallen, praktiziert haben. Laut dem DJI-Abschlussbericht 2024 zu „Zwischen Selbst- und Fremdbestimmung“ ist die Rate von Selbstverletzungen besonders bei trans* Jugendlichen alarmierend hoch: Hier berichten 60% der Jugendlichen von mindestens einem Vorfall von Selbstverletzung.

Wichtig ist an dieser Stelle nochmal zu betonen, dass sich die psychischen Belastungen nicht aus der Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung an sich ergeben, sondern aus den daraus resultierenden Diskriminierungserfahrungen, mangelnder Unterstützung, fehlender Anerkennung oder dem Gefühl der ‚Andersartigkeit‘. Diese Zahlen weisen darauf hin, dass queere Jugendliche mit einem feindlichen gesellschaftlichen Umfeld kämpfen, welches unmittelbaren Einfluss auf das psychische und physische Wohlbefinden hat.

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Die „doppelte Krise“ queerer Jugendlicher

Queere Jugendliche stehen häufig vor einer in verschiedenen Studien so bezeichneten „doppelten Krise“: Zum einen sind sie mit den allgemeinen Herausforderungen der Adoleszenz konfrontiert, wie dem Streben nach Selbstbestimmung, dem Wunsch nach sozialer Anerkennung und dem Drang, die eigene Identität zu finden. Zum anderen müssen sie sich mit spezifischen Problemen auseinandersetzen, die sich aus ihrer queeren Identität ergeben. Das bedeutet, dass sie nicht nur typische Entwicklungsaufgaben bewältigen müssen, sondern auch die zusätzlichen Belastungen, die mit ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität einhergehen. In Bayern wurde 2023 dieses Phänomen in der „How are you?“ Studie untersucht, welche ebenfalls zeigt, dass Diskriminierung und Gewalterfahrungen gegenüber queeren Jugendlichen allgegenwärtig sind.

Diese Erfahrungen erhöhen das Risiko für psychische Herausforderungen, einschließlich selbstverletzenden Verhaltens. Für viele von ihnen ist der Umgang mit intensiven negativen Emotionen eine Realität, die nicht einfach auf eine „Phase“ reduziert werden kann. Sie suchen nach Wegen, mit ihrem Erleben umzugehen – und genau hier kannst Du als Elternteil einen wertvollen Beitrag leisten.

Disclaimer

Die Inhalte dieser Seite dienen ausschließlich Informations- und Aufklärungszwecken. Sie sind keine medizinische, psychologische oder therapeutische Beratung und ersetzen nicht die Diagnose oder Behandlung durch ausgebildete Fachpersonen. Unser Ziel ist es, aufzuklären und Hilfsangebote sichtbar zu machen, um Wege aus der Selbstverletzung zu finden. Wenn du Fragen oder Sorgen bezüglich deiner physischen oder psychischen Gesundheit hast, wende dich bitte an eine Ärztin / einen Arzt, Therapeut*in oder eine andere qualifizierte Fachperson. Nur diese können eine fundierte Diagnose stellen und dir geeignete Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen. In akuten Notfällen oder Krisensituationen rufe bitte sofort den Notruf 112 an oder kontaktiere eine Krisenhotline.